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September /oktober 2013 Im FoKus s ist „Halbzeit“ für Tomas Brunegård. Eine Pause gönnt er sich dennoch nicht. Der Schwede ist bereit zu neuen Taten in der „zweiten Lebenshälfte“, die er mit der gleichen Konzentration, Aufgeschlossenheit und Energie angehen will wie die Leitung der Stampen Media Group, die er in den vergangenen 17 Jahren zu immer neuen Höhen geführt hat. Ende 2012 gab Brunegård seinen Posten als Konzernchef ab und wurde zum Verwaltungsratsvorsitzenden des schwedischen Medienkonzerns berufen – ein Schritt, der schon länger angedacht war. Als „Vielleser“, so erklärt Brunegård, habe er vor einigen Jahren ein Buch mit dem Titel „Halbzeit“ gelesen, in dem es darum geht, das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen, insbesondere in der Lebensmitte. Und als er im vergangenen Jahr die 50-er Marke erreichte, nahm er sich vor, „einen etwas anderen Weg“ einzuschlagen. Zum Glück für Stampen heißt das nicht, dass er sich aus seiner aktiven Tätigkeit in der Medienbranche – seinem „Kindheitstraum“ – zurückziehen wird. Vielmehr wird er an der Spitze des Verwaltungsrats stehen und weiterhin in entscheidende strategische Fragen eingebunden bleiben. Einen großen Teil seiner „Freizeit“ wird er künftig auch seiner neuen Aufgabe als WAN-IFRA-Präsident widmen. Soweit zur beruflichen Seite. Privat will er nun ausgiebiger seinem Hobby als Pilot nachgehen und vielleicht einmal den Berufspilotenschein erwerben, um Hilfseinsätze im Ausland fliegen zu können. Zudem will er sich in seiner Heimatstadt Göteborg stärker engagieren und natürlich auch mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. Im folgenden Interview spricht er über seinen beruflichen Werdegang, über Stampens Wandel vom einfachen Lokalzeitungsverlag zum breit aufgestellten Medienkonzern, über Führungsstärke in der ungewissen Medienlandschaft von heute, WAN-IFRA, Pressefreiheit und einiges mehr. Vom Burger zur Zeitung Erzählen Sie uns von Ihrem beruflichen Werdegang – wie Sie Stellvertretender COO von Burger King Schweden wurden und schließlich als Geschäftsführer bei Göteborgs-Posten in die Medienbranche wechselten. Tomas Brunegård: Als Kind träumte ich immer davon, etwas mit Medien zu machen, doch zu Beginn meiner Berufslaufbahn schlug ich einen ganz anderen Weg ein: Direkt von der Uni ging ich zu einer angesehenen Unternehmensberatung, in der ich 1990 zum Partner aufstieg. Damals begannen wir, in Burger King zu investieren, doch dann kam die Immobilienkrise Anfang der 90er Jahre. Daraufhin gründete unser Unternehmen mit einem schwedischen Partner und der britischen Burger- King-Muttergesellschaft, die von Grand Met gekauft worden war, das erste Burger-King-Joint-Venture, um die skandinavische Tochter zu retten. So kam ich in die Welt der Hamburger, Pommes und Shakes (lacht). Das war eine tolle Erfahrung. In nur drei Jahren bei Burger King erhielt ich einen ausgezeichneten Einblick in ein weltweit aufgestelltes Unternehmen, insbesondere im Hinblick auf Branding und Produkte. Und ich lernte viel darüber, wie man ein solches Unternehmen voranbringt und was man nicht tun sollte. Wie konnten Sie Ihre Branding-Erfahrung aus einem globalen Konzern bei Ihrem Wechsel zu Göteborgs Posten – damals (1996) kaum mehr als ein Lokalzeitungsverlag – in den Medienbereich einbringen? Damals bekam ich oft zu hören: „Wow, Sie kommen aus dem Fast-Food-Sektor in die Medienbranche?” Doch dahinter stand eigentlich mehr die Frage: „Was treibt Sie von einem Weltkonzern in die Provinz?“ Ausschlaggebend für mich war, dass ich die Intrigen und Machtspiele, die es in einem globalen Unternehmen gibt, satt hatte. Außerdem wurde mir klar, dass ich mein übriges Berufsleben irgendwo verbringen wollte, wo ich nicht nur das Arbeitsumfeld und die Strategie beeinflussen, sondern auch einen positiven Einfluss auf das regionale Umfeld und die Gesellschaft insgesamt nehmen kann. Ein erstes Angebot aus der Medienbranche hatte ich ausgeschlagen, doch bei Gesprächen mit Göteborgs-Posten merkte ich gleich, dass ich es hier mit ausgesprochen engagierten Leuten zu tun hatte, die auf eine lange und stolze Tradition zurückblicken konnten, aber auch einen klaren Blick für die aktuellen Entwicklungen in der Gesellschaft hatten. Das reizte mich, im Medienbereich tätig zu werden. Skandinavien ist bekannt für seine Technologie- Freundlichkeit. Wie haben sich die skandinavischen Verlage ab Mitte der 90er Jahre, als Sie zu Göteborgs Posten kamen, auf den Wandel, insbesondere durch das Aufkommen des Internets, eingestellt? www.worldnewspublishingfocus.org Nun, sehr unterschiedlich. Als das Internet aufkam, zählte Aftonbladet zu den „Early Adopters“ und wir bei Göteborgs-Posten beneideten sie ein wenig um ihre Kultur des Wandels. Bereits kurz nach meinem Eintritt bei Göteborgs-Posten wollte der schwedische Gewerkschaftsbund als Inhaber von Aftonbladet die Zeitung an uns verkaufen, doch wir lehnten ab und so wurde Aftonbladet letztendlich von Schibsted übernommen. Bei Aftonbladet wusste man um die Notwendigkeit des Wandels. Man war dort technologisch sehr aufgeschlossen und kundenorientiert – das war Teil der Unternehmenskultur – und hat sich der Veränderung schnell und gut angepasst. Wir übrigen Zeitungen vertrauten unterdessen auf unsere gesicherten Besitzverhältnisse und unser bewährtes Geschäftsmodell mit Morgenzeitungen im Abonnementvertrieb. Über fünf oder vielleicht sogar zehn Jahre hinweg passten wir uns der neuen Entwicklung nicht so schnell an wie Aftonbladet. Doch nach 2000 zogen auch wir nach, was uns ganz gut gelungen ist – bzw. so gut als möglich, denn die Anpassung ist keine leichte Sache. Zu Jahresbeginn gaben Sie Ihren bisherigen Posten als Geschäftsführer der Stampen Media Group ab und wurden Verwaltungsratsvorsitzender. Wie würden Sie Ihre jetzige Rolle im Stampen-Konzern beschreiben? Ich sehe mich als „aktiven Vorsitzenden“. Laut Vertrag arbeite ich die Hälfte meiner Zeit für Stampen. Da ich mich mit 50 beruflich neu orientieren wollte, fragten mich die Stampen-Inhaber, ob ich Interesse hätte, den Posten als Verwaltungsratsvorsitzender zu übernehmen. Etwa zeitgleich wurde ich gefragt, ob ich mich nicht stärker bei WAN-IFRA einbringen wolle. Das gab mir die Möglichkeit, meine Arbeit bei Stampen fortzusetzen und gleichzeitig WAN-IFRA mehr Zeit zu widmen. Als Verwaltungsratsvorsitzender arbeite ich eng mit dem Geschäftsführer zusammen und bin auch in strategische Fragen eingebunden, nicht aber in das Tagesgeschäft, das ich 17 Jahre lang geführt habe. Stampens Zukunft Was sind Ihrer Ansicht nach die größten Herausforderungen für Stampen, wenn es darum geht, den Erfolg der letzten zehn Jahre auch im nächsten Jahrzehnt fortzusetzen? Grundlage für unser Wachstum war der Umbau zu einem breit aufgestellten Medienkonzern. Dies geschah vor allem durch Zukäufe und Joint Ventures, insbesondere im Lokalzeitungsbereich. Außerdem gründeten wir einen großen Druckbetrieb, der sich sehr gut entwickelt hat. Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg liegt darin, den strukturellen Wandel der gesamten Medienbranche mitzuverfolgen, um zu erkennen, wo sich Anknüpfungspunkte zu potenziellen Partnern oder branchenfremden Aktivitäten finden. Ganz wichtig ist auch, die Markttrends zu erkennen, denn das veränderte Kundenverhalten entscheidet letztlich über den erfolgreichen Aufbau eines tragfähigen Geschäfts. 15 Stampen nimmt Kurs auf die Zukunft E i Stampen Media Group i W Göteborgs-Posten: Flaggschiff des Konzerns und Schwedens zweitgrößte Morgenzeitung (700 000 Leser täglich). W Mediebolaget Västkusten: Umfasst fünf Regionalmedien Sparten sowie die Gratiszeitungssparte Gratistidningar. W Stampen Media Partner: IAls Sparte für Wachtumsmärkte zuständig für Stampens Expansion in den Bereichen Lifestyle-Medien, Mobile Media, Home-, Sport- und Outdoor-Medien. W V-TAB: Größtes Druckhaus Skandinaviens, Marktführer im Coldset-Druck und einer der größten Akteure im Heatset-Druck. W Liberala Tidningar: Umfasst die Sparten Promedia (12 Lokalzeitungen) und Mitt i (31 Lokalzeitungen mit Haushaltszustellung).


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