6 Events als Einnahmequelle und Publikumsmagnet Verlage, die sich neben Anzeigen und Abonnements neue Einnahmequellen erschließen möchten, sollten sich mit der Organisation von Veranstaltungen befassen. Sie bieten die Chance, neues Publikum zu gewinnen, Leser stärker zu binden und zusätzliche Einnahmen zu generieren. NEUE EINNAHMEQUELLEN NOVEMBER /DEZEMBER 2013 Nach einer Studie des US-Journalismusprofessors Jake Batsell erzielen manche Startups im News-Sektor bis zu 20% ihrer Einnahmen mit Veranstaltungen. Nachrichten-Startups, die sich auf Einzelbereiche wie Technik oder Politik spezialisiert haben, sind mit Events wirtschaftlich besonders erfolgreich, aber auch breiter aufgestellte Informationsanbieter erzielen höhere Einnahmen, indem sie Veranstaltungen zur Publikumsgewinnung und -bindung nutzen. Beim International Symposium on Online Journalism im April präsentierte Batsell die wichtigsten Aspekte aus ca. 100 Interviews mit mehr als 20 Nachrichtenanbietern: W Berufung eines Eventplaners. W Gewinnung von Sponsoren. W Networking als Magnet für die Teilnehmer. W Unterstützung durch die Redaktion. W Unvergessliche Erlebnisse bieten. W Veranstaltungen sind zwar keine Lizenz zum Gelddrucken, aber „mit dem richtigen Ansatz lassen sich durchaus Einnahmen und eine gute Publikumsresonanz erzielen“ Abschätzung der Opportunitätskosten „Ich denke, in nahezu jedem Markt können Veranstaltungen angeboten werden, die die eigene Community gezielt ansprechen – in einer Form, wie nur Sie als Medienanbieter dies können“, so Batsell. Zur Beurteilung der Möglichkeiten gilt es, die richtigen Fragen zu stellen: W Ist in Ihrer Region ein bestimmter Wirtschaftszweig – wie etwa Landwirtschaft, Industrie, Logistik oder Medien – besonders stark vertreten, sodass sich Veranstaltungen für diese Zielgruppe anbieten würden? W Können Sie diesen Gruppen einen fachlichen Treffpunkt bieten? W Haben Sie in Ihrer Redaktion eigene Ressorts für diese Wirtschaftszweige? W Gibt es bestimmte Höhepunkte im Kalender, zu denen Sie eine Veranstaltung organisieren könnten? Bei der Ermittlung vielversprechender Wirtschaftszweige oder demografischer Gruppen rücken auch mögliche Sponsoren ins Blickfeld, sodass sich eine erste Umsatzschätzung vornehmen lässt. Um Veranstaltungen gewinnbringend zu nutzen, empfiehlt Batsell die Ernennung eines Event-Beauftragten. „Ideal wäre ein Veranstaltungsdirektor, doch das kann sich nicht jeder leisten. Wenn Ihre Redaktion über einen Social-Media- oder Community-Manager verfügt, dann könnte sich derjenige nebenher auch um die Veranstaltungsorganisation kümmern.” Manchmal werden auch Journalisten für die Moderation der Veranstaltung und/oder die Berichterstattung hinzugezogen. Ob sich der Einstieg in eine veranstaltungsorientierte Strategie lohnt, ist abhängig von den Opportunitätskosten für den entsprechenden Personalaufwand. Es sollte also zunächst ermittelt werden, ob der finanzielle und redaktionelle Gewinn, den die Ausrichtung einer Veranstaltung verspricht, die Zeit aufwiegt, die die Mitarbeiter sonst auf andere Aktivitäten verwenden könnten. Gewinnung von Sponsoren Mit manchen Veranstaltungsstrategien sollen Leserzahlen und Lesertreue gesteigert werden. Die meisten Veranstaltungen werden jedoch mit einer klaren Gewinnerzielungsabsicht organisiert. Für den wirtschaftlichen Erfolg sind daher Sponsoren von zentraler Bedeutung, denn Sponsoring spült wesentlich mehr Geld in die Kasse als der Kartenverkauf. Daher gilt es, die Sponsoringmöglichkeiten schon in der Frühphase des Projekts auszuloten. Wenn sich nicht genügend Sponsoren finden oder diese nicht bereit sind, genügend Gelder aufzubringen, um die Veranstaltung finanziell tragfähig zu machen, sollte man sie anders aufziehen oder die Idee wieder aufgeben. Batsell empfiehlt die ständige oder zeitweise Abstellung eines eigenen Mitarbeiters für die Veranstaltungsorganisation: „Man braucht einen Koordinator für die Veranstaltungen, der sich um das richtige Sponsoring bemüht, denn nur das macht eine Veranstaltung finanziell erfolgreich – nicht der Verkauf von Eintrittskarten. Ein guter Sponsor aus Industrie oder Wirtschaft, der eine demo grafisch interessante Zielgruppe ansprechen will – darauf kommt es an.” Unterstützung durch die Redaktion Nach Marktanalyse und Abschätzung der Opportunitätskosten gilt es laut Batsell, die eigenen Journalisten und Redakteure zu überzeugen: „Viele Journalisten halten sich an die strikte Trennung von Journalismus und Geschäft und sind überzeugt, dass man beides nicht vermischen darf. Natürlich gibt es auch Journalisten, die bei Veranstaltungen als Moderatoren fungieren und dies mit ihrer journalistischen Arbeit vereinbaren können. Doch viele fühlen sich in einer solchen Rolle unwohl und betrachten sie eher als Marketingübung, die nichts mit ihrem beruflichen Selbstverständnis zu tun hat.“ „Als Verantwortlicher in einer Redaktion würde ich den Skeptikern unter den Journalisten Folgendes verdeutlichen: ‚Wenn man damit Geld verdienen und gute journalistische Arbeitsplätze sichern kann, was spricht dann dagegen?‘ Manchen Redaktionsverantwortlichen gelingt es besser als anderen, dieses Ziel zu kommunizieren und den Mitarbeitern klarzumachen, dass es heute zum Job gehört, Botschafter der eigenen Marke zu sein und das Publikum persönlich anzusprechen und zu erreichen. Manche Journalisten haben eine natürliche Abneigung gegen diese Einstellung, die es jedoch zu überwinden gilt, um die Existenzgrundlage des Journalismus zu stärken.” Batsells Studien zufolge waren diejenigen Nachrichtenanbieter finanziell am erfolgreichsten, denen es gelang, Veranstaltungen für attraktive Zielgruppen zu organisieren und diesen die Möglichkeit zum Networking zu bieten. Trib Live: Erfolgreiche Veranstaltungsreihe von Texas Tribune Texas Tribune ist ein Non-Profit-Nachrichtenanbieter, der sich auf politische Berichterstattung für den Bundesstaat Texas spezialisiert hat und eine Vielzahl von Veranstaltungen anbietet, darunter die „Trib Live“-Reihe, in deren Rahmen Tribune-Journalisten einflussreiche Persönlichkeiten und Meinungsmacher vor Publikum interviewen. Die entsprechenden Video-Berichte werden dabei nicht nur per Streaming live auf der Tribune-Website übertragen, sondern auch auf Facebook. Bezahlt wird das Ganze von Firmensponsoren. „Nach außen ist das Angebot kostenlos, produziert aber durchaus berichtenswerte Inhalte“, so Batsell. „Da hier die wichtigen Leute vertreten sind, will kein Insider fehlen. So kann es vorkommen, dass sich – auf Einladung der Texas Tribune – morgens um 7.30 Uhr 200 bis 250 Lobby isten zu einem Treffen mit den Abgeordneten im Austin Club einfinden.“ Die Texas Tribune erwirtschaftet rund 20 Prozent ihrer Gesamteinnahmen mit Veranstaltungen. Als Non-Profit- Unternehmen finanziert sie sich durch Stiftungsgelder, Mitgliedsbeiträge und Sponsoring. Im vergangenen Jahr lagen die Einnahmen der Tribune über ihren Ausgaben. Die Morning Sun versucht es mit Kunst Die Zeitung Morning Sun in Mount Pleasant, Michigan, veranstaltete zusammen mit dem städtischen Kulturausschuss das Kunstfestival Art Walk Central und richtete dafür eine Redaktion vor Ort ein, in der die Zeitung jeweils halbtags mit redaktionellen Mitarbeitern vertreten war. Zwar gab es keine Firmensponsoren, aber The Sun veröffentlichte anlässlich des Festivals einen speziellen Anzeigenteil im Tabloidformat. Laut Batsell lässt sich der Erfolg einer solchen Veranstaltung nur schwer analysieren. Sicherlich ist sie ein kulturelles Highlight, doch das wirtschaftliche Ergebnis ist kaum messbar. In solchen Fällen ist eine sorgfältige Analyse der Opportunitätskosten wichtig, um zu beurteilen, ob der Einsatz der Ressourcen wirklich sinnvoll ist. Auch wenn sich der Erfolg im Einzelfall schwer quantifizieren lässt, sieht Batsell Veranstaltungen als wichtige alternative Einnahmequelle für Nachrichtenanbieter. „Meiner Ansicht nach sollte sich jedes Nachrichtenunternehmen mit dieser Option befassen, denn das Potenzial ist da.“ Ein Bericht von Kevin Anderson, MDIF Knowledge Bridge www.worldnewspublishingfocus.org Die auf Politik spezialisierte Texas Tribune erwirtschaftet 20 % ihrer Einnahmen mit Veranstaltungen.
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